Anspruch auf Entschädigung bei vorverlegtem Flug
Immer häufiger erreichen uns die Fragen betroffener Reisender/Mandanten:
„Unser Flug wurde kurzfristig einfach vorverlegt ! Er wurde also früher durchgeführt als auf unseren Tickets ausgewiesen. Welche Rechte, welchen Anspruch, habe ich denn dann? Kann man da was machen?“
JA, das kann man und es ist allemal eine Prüfung durch uns und einen Anwalt für Reiserecht wert.
Voraussichtlich dürfte der betroffene Passagier – wenn er sich mit seiner Frage an die Airline direkt wendet – von dort hören: EU-Verordnung? Nein, die ist in einem solchen Fall nicht anwendbar, tut uns leid, das hat auch das Landgericht Hannover schon so entschieden....
Und das wäre gar nichtmal so falsch. Denn das Landgericht Hannover hat so entschieden..
NUR, dass der Bundesgerichtshof (BGH) da eine ganz andere und verbraucherfreundliche Sicht auf die Dinge hatte und Höchstgerichtlich festgestellt also sehr wohl eine Vorverlegung zu einem Ausgleichsanspruch nach EU-Verordnung 261/2004 führen kann, das wird der Passagier und Kunde der Airline wohl – von dort - nicht erfahren dürfen.. Denn zur Vermeidung eines Präzedenzfalles durch ein Urteil, welches ja Betroffene im Netz oder der Presse hätten finden und nachlesen können, hat die Airline schnell klein beigegeben und anerkannt. Das Anerkenntnisurteil wird so halt nicht publik.
Zum Anspruch auf Ausgleichszahlung bei Vorverlegung eines Fluges
Anerkenntnisurteil vom 9. Juni 2015 – X ZR 59/14
Die Kläger begehren Ausgleichszahlungen in Höhe von jeweils 400 € nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. c* i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b** der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen).
Die Kläger buchten bei dem beklagten Luftverkehrsunternehmen Flüge von Düsseldorf nach Fuerteventura und zurück. Der Rückflug sollte am 5. November 2012 um 17.25 Uhr durchgeführt werden. Am 2. November 2012 informierte die Beklagte die Kläger, dass der Flug auf 8.30 Uhr vorverlegt worden sei. Die Kläger sind der Auffassung, die Vorverlegung des Fluges um etwa 9 Stunden begründe eine Verpflichtung der Beklagten zur Ausgleichzahlung, weil die Flugzeitänderung eine Annullierung gewesen sei, zumindest aber einer deutlichen Verspätung im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union gleichgestellt werden müsse.
Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Landgericht hat angenommen, eine Vorverlegung eines Fluges sei keine Annullierung gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. c* i.V.m. Art. 2 Buchst. l*** der Fluggastrechteverordnung. Die Voraussetzungen einer analogen Anwendung der Vorschriften wie im Falle der großen Verspätung eines Fluges lägen nicht vor.
In der Revisionsverhandlung hat der für das Reise- und Personenbeförderungsrecht zuständige X. Zivilsenat den Sachverhalt vorläufig wie folgt bewertet: Jedenfalls in einer mehr als geringfügigen Vorverlegung eines geplanten Fluges durch das Luftverkehrsunternehmen liegt eine – mit dem Angebot einer anderweitigen Beförderung verbundene – Annullierung des Fluges, die einen Ausgleichsanspruch nach Art. 7 Abs. 1 der Fluggastrechteverordnung begründen kann. Für eine Annullierung ist kennzeichnend, dass das Luftverkehrsunternehmen seine ursprüngliche Flugplanung endgültig aufgibt, auch wenn die Passagiere auf einen anderen Flug verlegt werden. Dies ist durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 19. November 2009 - C-402/07, Slg. 2009, I-10923 = NJW 2010, 43 = RRa 2009, 282 - Sturgeon/Condor; Urteil vom 13. Oktober 2011 - C-83/10, Slg. 2011, I-9488 = NJW 2011, 3776 = RRa 2011, 282 - Sousa Rodríguez/Air France) geklärt, die zur Abgrenzung des Tatbestands der Annullierung vom Tatbestand der großen Verspätung entwickelt worden ist. Die ursprüngliche Flugplanung wird auch dann aufgegeben, wenn ein Flug – wie im Streitfall – um mehrere Stunden "vorverlegt" wird.
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte den gegen sie geltend gemachten Anspruch anerkannt. Auf Antrag der Kläger hat der Bundesgerichtshof die Beklagte danach im Wege des Anerkenntnisurteils zur Zahlung verurteilt.
Vorinstanzen:
AG Hannover – Urteil vom 3. Dezember 2013 – 561 C 3773/13
LG Hannover – Urteil vom 4. Juni 2014 – 6 S 4/14
Karlsruhe, den 9. Juni 2015
SIE sehen, man sollte nicht alles so einfach glauben, was Airlines an Informationen herausgeben.....
Vertrauen ist gut, Anwalt ist besser!
Wir helfen gerne, fragen Sie uns, schildern Sie Ihren Fall, unsere kostenfreie Ersteinschätzung steht zu Ihrer Verfügung.
Beste Grüße
Rüdiger Wittkop - Rechtsanwalt für Reiserecht
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